Lamento

Sa, 21.03.2020 | 20:30 23:00
Hotel Regina

Fraynni Rui Medina, Violine ǀ Alexandre Foster, Violoncello ǀ Aleck Carratta, Klavier

Die zwei ausgewählte Werke wurden in den finstersten Perioden der Geschichte (unserer Gesellschaft) komponiert: die Zeit des ersten und zweiten Weltkrieges. Unter dem kompositorischen Aspekt ist besonders interessant zu sehen, wie das stilistische Prinzip der Wiederholung (Repetition) und die rhetorische Figur in beiden Meisterwerken unterschiedlich angewendet wird.

Beide Werke sind von zwei durchaus unterschiedlich geprägten Komponisten geschrieben worden. Sie haben unterschiedliche Auffassung der ästhetischen Form und eine andere Weltanschauung.

Das Trio op. 120 von Gabriel Fauré (1845-1924) wurde 1922-1923 konzipiert und geschrieben, als der Komponist grundsätzlich am Ende seiner musikalischen Karriere und seines Lebens war.

Auf einem nostalgischen, bitteren Allegro ma non troppo folgt ein zärtlicher, inniger, tönender Andantino. Zum Schluss ein sehr energisches, mitreißendes Allegro vivo, das die Komposition zu einem positiven, fast heroischen Ende in D-Dur bringt. In jedem Satz wirkt das strukturelle Element der Motivwiederholung als Motor der Komposition: durch ständige harmonische Veränderungen ergibt sich der Eindruck, dass der Komponist mit viel Hoffnung auf der Suche nach etwas Wichtigem ist; etwas das schließlich erreicht wird (das Thema in F-Dur am Ende des Andantino, die Bestätigung der Dur-Tonart des Werkschlusses). Im Grunde genommen, trotz dem ungewissen Anfang, strahlt das Trio op. 120 einen optimistischen Geist aus.

Im Gegensatz dazu steht das Trio Nr. 2 op. 67 von Dmitri Schostakowitsch (1906-1975): das Bildnis der Hölle. Komponiert 1943-1944, mitten im Zweiten Weltkrieg. Dieses Werk strahlt kein existenzielles Hoffnungsgefühl aus. In dieser viersätzigen Komposition (Andante – Moderato, Allegro con brio – Largo -Allegretto) ist die rhetorische Figur der motivischen Repetition ein Mittel, um die ganze quälende, unausdenkbare Gewalt des Krieges mit Musik auszudrücken. Das Trio ist einem Freund, dem Publizist und Universalgelehrten, Iwan Sollertinski gewidmet, der Anfang 1944 in Nowosibirsk während der Notevakuierung im Rahmen der Nazi Leningrader Blokade gestorben war. Das Motiv im hebräischen Stil des letzten Satzes lässt aber annehmen, dass die Komposition an allen Opfern des Holocausts und des Kriegs im Allgemeinen gewidmet sei.

Das Trio beginnt aus dem nichts. Eine leise, bedrückende Melodie vom Cello wird gespielt, die im leisen und unbestimmten E-Dur Akkord endet. Es gibt keinen Friede in diesem Meisterwerk. Es gibt keine Geschichte, keine echte Entwicklung und kein echtes Ende. Es handelt sich um einen Einblick in die Dunkelheit, wo man sich im Kreis dreht. Es gibt Wutausbrüche, Verzweiflung, Nostalgie, Groteske und Hohngelächter (das Motiv im letzten Satz) jedoch keine Lustigkeit und keine Heiterkeit – nicht einmal in den schnellen und glänzenden Passagen des 2. Satzes (grundsätzlich ein Scherzo). Wenn es musikalische Gelächter gibt, sind diese wahrscheinlich das einzige mögliche Kampfmittel gegen solch einem Schicksal.

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